Luca Enoch & Claudio Stassi - Die Stern-Bande (Panini Comics)

Die aktuelle Lage und der Konflikt um Palästina sind heute allgemein bekannt, aber was geschah in dieser Region eigentlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts? Damals war nicht in erster Linie das palästinensische Volk der Feind des Zionismus, sondern das britische Königreich, das nach dem Ersten Weltkrieg die Besiedelung der Region verwaltete. Vor diesem Hintergrund steht die Geburtsstunde von Lechi, einer terroristischen Untergrundorganisation, die auch unter dem Namen Stern Gang (zu Deutsch: Stern-Bande) bekannt wurde…

In ihrer herausragenden Graphic Novel über eine der spannungsreichsten Konfliktzonen der Erde bringen Luca Enoch und Claudio Stassi Licht in eine dunkle Episode der jüngeren Geschichte, die beinahe in Vergessenheit geraten ist.

Meinung zum Buch:

Die italienischen Künstler Luca Enoch und Claudio Stassi widmen sich in ihrer Graphic Novel Die Stern-Bande dieser kleinen, aber äußerst radikal vorgehenden Terrorgruppierung, die es sich Anfang der 40er Jahre zur ideologischen Aufgabe gemacht haben, einen Staat Israel nach alttestamentarischen Grenzvorgaben zu gründen. Dabei gehen sie in ihren Anschlägen zunehmend aggressiver erst gegen die britischen Besatzer, später auch gegen die Zivilbevölkerung und die eigenen Leute vor. Die beiden Künstler widmen sich dabei nicht nur den Terroranschlägen, sondern zeigen auch die Hintergründe und die politischen Diskussionen auf, um dadurch ein dichtes Bild der Entwicklung einer terroristischen Organisation zu zeichnen.

Enoch und Stassi gelingt mit ihrer Graphic Novel Die Stern-Bande ein intensiver, fundiert recherchierter Blick auf einen für mich eher unbekannten Teil jüngster politischer Geschichte. Erzählerisch sehr sachlich und so nah wie möglich an den belegbaren Tatsachen zeichnet Autor Luca Enoch ein umfassendes Bild der Geschichte der Lechi (oder der „Stern-Bande“, wie sie von den Briten bezeichnet wurden), einer kleinen aber äußerst brutalen Terrorbewegung, deren wohl im nachhinein populärstes Mitglied Yitzhak Yezernitsky war, der später als Jitzchak Schamir, Ministerpräsident und Außenminister Israels, politische Bekanntheit erlangte.

Claudio Stassi bringt die Geschichte mit beinahe skizzierten schwarz-weiß-Bildern zu Papier, deren filmähnliche Inszenierung eine große Dynamik erzeugt.

Panini Comics (124 Seiten, €19,99) veröffentlicht die Graphic Novel in einer durchweg soliden Aufmachung. Ein stabiles Hardcover mit einem markanten Titelbild, neben der Geschichte befindet sich noch Zusatzmaterial in Form eines gezeichneten Personenregisters, einer Chronologie der wichtigen Ereignisse, ein informatives Glossar, ein Essay namens „Die „Lücken“ der Geschichte“ von Luca Enoch, Skizzen und eine Biografie der beiden Künstler im Buch.

ist eine sowohl informative als auch spannend inszenierte Graphic Novel. Als Leser, der die Hintergründe dieses Kapitels Zeitgeschichte nicht kennt, erfährt man einiges wissenswertes über die politischen Wirren der 40er Jahre in einem der konfliktreichsten Zonen der Welt.

Christian Funke-Smolka